SPÖ: „…eine ganz normale Gemeindestraße…“

Die Vorarbeiten zur Stadtautobahn, der sogenannten „Stadtstraße”, kommen nicht voran – dank der Besetzungen der Baustellen. Ludwig weiß: Bilder einer Räumung würden empören und zusätzlich Menschen mobilisieren. Ludwigs Problem: Ignorieren funktioniert leider auch nicht mehr. Die Entschlossenheit der Proteste und eine lauter werdende, organisierte Klimabewegung zwingen zur Reaktion.

Autobahn= Klimaschutz? HÄ?

Die Argumente der Besetzerinnen sind auch medial angekommen: Neben Naturschutz und lokalen Anrainerinneninteressen geht es vor allem um den Kampf gegen die Klimakrise vor der Haustüre. Die SPÖ versucht nach Außen den Schein zu wahren, den wachsenden politischen Druck nicht zu spüren und setzt stattdessen darauf, die Stadtstraße als Klimaschutzprojekt zu rühmen. So schmückt Umweltstadtrat Jürgen
Czernohorszky am Tag des diesjährigen globalen Klimastreiks das Projekt der Stadtstraße mit Attributen wie „nachhaltig“ und nennt es „Bemühungen im Kampf gegen die Klimakrise“. Fail. Begleitet wird das Klimageschwafel der SPÖ-Führungsriege von teuren Inseraten – bisher 585.000 € aus der Kasse der Stadt Wien – eine eigene PRO Stadtstraßen-Homepage und ein spontan eingerichteter Youtube-Kanal. Das vermittelt ein verunsichertes, aber auch dreistes Bild. Die Kampagne von Ludwig & Co zielt darauf ab, breite Unterstützung für die Stadtautobahn zu gewinnen. Erstens über eine Festschreibung von Mobilität, es gehe nicht ohne Autos, nach dem Warum soll gar nicht erst gefragt werden, zweitens über ein launiges „Wir-bauendie-Öffis-eh-aus“ und drittens sei das Projekt Stadtautobahn durchaus im Sinne der Pariser Klimaziele. Hauptargument der Kampagne ist, dass Stadtentwicklung nicht ohne Stadtautobahn möglich wäre. Damit werden die Stimmen von Verkehrswissenschafterinnen ignoriert: Nicht nur angesichts der Klimakrise ist eine radikale Verkehrswende die einzig nachhaltige Lösung der Stadtentwicklung: Sie ist deutlich billiger, gesünder, schafft mehr Raum für alle, stoppt Flächenversiegelung und schafft mehr Arbeitsplätze. Ludwig befürchtet, diese unangenehme Wahrheit könnte mehrheitlich an Aufmerksamkeit und Zustimmung gewinnen – auch in den eigenen Reihen scheint sich Unmut breit zu machen. In internen Rundschreiben wird händeringend formuliert: „Durch den Bau der Stadtstraße können tausende Wienerinnen wieder in Ruhe aufatmen.“ „Die Stadtstraße ist eine 3,2 km lange, ganz normale Gemeindestraße.

Worum geht es also wirklich?

Es gibt nur einen Grund für die Autobahnbesessenheit von Ludwig und Co: Der Wirtschaftsstandort Wien muss im Wettbewerb der europäischen Großstädte gestärkt werden – um jeden Preis. Kein Wunder, leben wir doch in einer Gesellschaft, in der Wettbewerb und Profite die Aktivitäten der Wirtschaft bestimmen. Die SPÖ nimmt sich aus dieser Dynamik nicht raus; auch wenn sie die wichtigsten Posten in der Stadtregierung innehat und eine andere Politik in Wien angehen könnte. Die Profiteur*innen sind Immobilienfirmen, Transportunternehmen sowie Unternehmen und Konzerne, die sich an den neuen Verkehrswegen ansiedeln. Dafür vernachlässigt die Stadtregierung seit Jahrzehnten den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel in der Donaustadt. Eine Bim hier und eine neue Buslinie da können nicht darüber hinwegtäuschen. Intervalle bestehender Buslinien werden nicht erhöht oder sogar verringert, wie etwa bei der Schnellbahnlinie S80. Um dann festzustellen, dass sie weniger genutzt wird mit der Konsequenz, einige Haltestellen aufzulassen. Wird absichtlich der öffentliche Verkehr in der Donaustadt weniger gut ausgebaut als im Zentrum Wiens? Um dann sagen zu können, dass die Menschen in der Donaustadt die Stadtautobahn dringend brauchen? Mensch und Natur brauchen dringend eine Reduzierung der CO2-Emissionen und eine Verringerung des Autoverkehrs – deshalb fordern wir den Baustopp der neuen Autobahnen. Stattdessen ein Verkehrskonzept, in das wissenschaftliche Erkenntnisse und die Bedürfnisse der Wiener*innen nach klimagerechter, gesunder und zugänglicher Mobilität einfließen.

Veröffentlicht in Lobau